… ist ein sicher weitläufiger Begriff. An dieser Stelle möchte ich einmal darüber schreiben, welche Erfahrungen ich damit gemacht habe – und welche Gefahren aus meiner Perspektive nach auf diesem sehr weiten Feld bestehen.
Gefahren? Schreibt jemand, der sich genau diesem Thema gewidmet hat, damit sein Geld verdient und es als einen der zentralen Punkte seines Lebens bezeichnet?! Ja, denn wie so oft besteht die „Gefahr“ darin, es als Deckmäntelchen verborgener oder versteckter Interessen zu nutzen und dem eigentlichen Sinn der „Persönlichkeitsentwicklung“ entgegen zu treten. Was also bedeutet es (für mich, denn hier werden wahrscheinlich viele Menschen unterschiedliche Deutungen haben).
In einem meiner Seminare sage ich ganz deutlich, was ich darunter verstehe und möchte es hier gerne anführen:
Persönlichkeitsentwicklung bedeutet, sich seiner Werte und Handlungen, Emotionen, Wahrnehmungen und Handlungsweisen bewusst zu werden und diese ggf. neu auszurichten.
So kann eine neue Denk-, Fühl- und Handlungsweise – wenn sie konsequent beibehalten wird – zu einer neuen Einstellung und letztlich zu einem Bedeutungswandel persönlicher Werte führen, welches dem Menschen erlaubt ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Dies ist ein mühsamer und langwieriger Weg mit vielen kleinen Erfolgen – aber auch Rückschlägen.
Lassen Sie mich also bitte dazu einige Statements machen:
Leben wird gelebt und nicht gedacht! Was meine ich damit?! Seminare, Trainings und Gruppenarbeiten sind höchst wertvoll und können innerhalb kürzester Zeit enorme Erkenntnisse bringen und uns Jahre der Schmerzen und Monologosierung ersparen – wenn sie vor allem erfahrungsorientiert und Feedback-bezogen arbeiten! Es gibt Hunderte von theoretischen Konstrukten, Konzepten und Strategien – aber alle diese – oft auch in Buchform niedergeschriebenen Vorschläge und Anregungen (und die meisten sind eher theoretischer denn praktischer Natur) ersetzen in keinem Fall das praktische Umsetzen, die Anwendung im täglichen Leben!
Das soll umgekehrt nicht heißen, dass ich meine, dass Seminare und Trainings nicht wichtig sind – sie sind es definitiv! Aber es darf eben nicht dabei bleiben. Sinn und Zweck jedes Seminares soll entsprechend der Definition die Anpassung und mögliche Änderung der Einstellung und des eigenen Fühlens/ Verhaltens etc. sein. Es nützt nichts zu wissen warum man seine Kinder schlägt und dafür die besten Gründe anführt – wichtig ist, es zu ändern! Also:
Das Wichtigste ist voran zu schreiten – und nicht zu reflektieren! Die tatsächliche Entwicklung liegt in der Änderung des Verhaltens und nicht in der Kenntnis dessen, was blockiert bzw. behindert. Auch da wieder: Es geht nicht darum, bei tiefen seelischen Verletzungen nicht herauszufinden warum man so (re-)agiert wie man es tut – es geht darum, dass dies nur der erste Schritt zur Verhaltensänderung sein sollte.
Bei manchen Dingen – und so habe ich es in 30 Jahren Trainertätigkeit erfahren – ist es enorm wichtig „des Pudels Kern“ auf den Grund zu gehen. Manche erleben aber diesen ersten Schritt so befreiend, dass sie dabei bleiben – sie vergessen weiter zu gehen. Und dann hat das nichts mehr mit Ent-Wicklung zu tun, sondern mit Selbstschau, die dann sogar in Egomanie und Ichbezogenheit ausarten kann. Diese Menschen besuchen dann ein Seminar nach dem anderen und betreiben Selbstanalyse bis zum Erbrechen. Alles dreht sich nur noch um sich selbst, sein Verhalten, Fühlen, seine Wahrnehmung … kann das Sinn sein?! Es wird in diesem Fall nichts entwickelt, sondern begründet. WARUM man nun so schnell wütend wird, WARUM man nun dazu neigt sich zurück zu ziehen, WARUM man denn nun nicht still sitzen kann – das alles hat aber nichts mit Entwicklung zu tun – es ist die Suche nach Ausreden und Gründen des eigenen Verhaltens.
Aber: Kein Mensch hat sich bisher geändert, nur weil er wusste warum er so ist, wie er ist!
Es gibt nichts was man wissen muss um zu lernen! Was bedeutet das nun wieder? Wir lernen vor allem in der Praxis – Trainings und Seminare können nur unterstützend sein! Diese Unterstützung aber in den Mittelpunkt zu rücken, pervertiert das System! WOZU dient denn die Persönlichkeitsentwicklung? Das sagt doch schon das Wort aus: Sich zu entwickeln und nicht zu studieren. Ja, es gibt auch das Selbststudium – aber davon ist ja hier nicht die Rede! Wenn ich Menschen erfolgreich machen möchte, dann muss ich vor allem Menschen ihres Wunsches und ihrer Definition entsprechend erfolgreich machen und darf sie nicht auf Abwege führen, die MEINES ERACHTENS nach wichtig sind und EIGENEN INTERESSEN dienen .
Die meisten Menschen besuchen die Trainings und Seminare die sie möchten und nicht die, die sie bräuchten um sich zu entwickeln! Gerade Menschen, die sich schon länger mit diesem Thema beschäftigt haben, neigen dazu, sich ab einem gewissen Stadium in eine intellektuelle Ecke zurück zu ziehen „Das brauche ich nicht…“ oder „Das bringt mir nichts…“ – das sind echte Stolperfallen! In diesem Stadium ist es wichtig, dass man einen Mentor hat, der einem sagt und zeigt, was nun ansteht, der einen begleitet und wahrnimmt, reflektiert und durch Vorgespräche weiß, wo eben Entwicklungspotential liegt.
Ich erlebe immer wieder, dass ab einem gewissen Punkt dann Menschen „dicht machen“ – sie wollen sich den Herausforderungen nicht stellen, die anliegen. Dies wird natürlich mit tollen Phrasen begründet „Das steht jetzt nicht bei mir an….“ oder „Ich brauche neuen Input“ – oder noch besser „Ich sehe da keine Entwicklungspotentiale“. Na super – dann kann man es doch einfach machen, oder?! 🙂
Der Mentor weiß, wo eben auch diese dunklen Flecken sind, die man selbst nicht sieht und vermeidet anzugehen. Können Sie sich auf den Rücken schauen ohne einen Spiegel zu nutzen? Nein – und dieser Spiegel – das ist eben in diesem Fall der Mentor.
Zurück zum Thema: So erlebe ich oftmals, dass Menschen ins Network gehen um eigene Lebensbedingungen zu verbessern und dann alle möglichen Informationen auf diese Leute einströmen, was wann wie zu tun ist. Genau aus diesem Grunde plädiere ich immer für 1 System! JEDER, der – egal was – lernt, braucht Anleitung, braucht Vor-Bilder, die einfache Beschreibung 1´es Weges, der beschritten werden soll. Wenn ich Friseurlehrling bin, sagt mein Meister auch nicht „Suche Dir doch einfach die Scheren aus die Du magst und sei creativ…“. Nein, diese Fertigkeit entwickelt man erst mit der Zeit – anfänglich ist wichtig zu zeigen: WAS und WIE – und das möglichst 1-deutig! Aber das ist ein eigenes Thema …
Sinn und Zweck der Persönlichkeitsentwicklung ist es also (gemäß meiner – sicher nicht bindenden – Definition) vor allem „dem Menschen erlauben, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.“ DARUM geht es! Wenn ich aber höre, dass Menschen sich in (Seminar-)Organisationen verlieren, dort eigene Communities bilden, in denen es darum geht diese Community zu vergrößern und zu bereichern, dann dient dies nicht der persönlichen Entwicklung sondern fremder Interessen! Die Suche des Einzelnen wird ausgenutzt um sie abzulenken. Ab-Lenkung statt Hin-Wendung! Man findet leichter Ausreden (weil einen ja auch viele „Gleichgesinnte“ unterstützen die in ähnlicher Lage sind), das Gelernte jetzt erst noch einmal zu reflektieren, zu beobachten und zu analysieren. Schade …
So sehe ich auch einige Psychotherapeuten, denen es nicht darum geht ihre „Patienten“ möglichst schnell zu entlassen und zu gesunden, sondern – teils systembedingt – jahrelange zu therapieren und ein Konzept nach dem anderen durchzuführen. Aber eine Krücke (und das ist ein Konzept) sollte dazu dienen, den „Patienten“ wieder das Laufen zu ermöglichen und nicht ihn an dieses Gerät zu gewöhnen! Ich habe laut gelacht, als einmal in einem persönlichen Gespräch ein arbeitsloser Doktor der Psychologie aus Harvard meinte: „Ich bin zwar arbeitslos, kann Dir aber genau begründen warum…“. Er meinte es selbstironisch und mit einem zwinkernden Auge, wusste aber, dass da sicher ein Stückchen Wahrheit dran war…
Der schmerzhaftestes – aber auch oft größte – Schritt ist der der Umsetzung. Diese Umsetzung – selbst gewählt – ist zentraler Punkt der Persönlichkeitsentwicklung! Setzt jemand etwas um ändert er oder etwas sich! Von der Ver-Strickung und Ver-Wicklung in die Ent-Wicklung der persönlichen Dramen und Geschichten.
Das ist Persönlichkeitsentwicklung wie ich sie verstehe – ohne das Anrecht darauf zu haben „Recht zu haben“…
Ihr/ Euer
Dirk (Jakob)
Wunderschön, lieber Dirk. Wer ins Networking geht, hat ja zuerst vermutlich einen Anlass… und dann kommen da all die anderen mit ihren Anlässen. Das schöne am Mentoring ist, dass ein Mentor weiß was jemand tun kann, weil er selbst so unterstützt wurde. Das ist letztlich Duplikation in Perfektion. Je weniger Ego im Spiel ist, desto besser. Mit gefällt darum sehr, dass Du auf die Psychologie zu sprechen kommst. In dieser hat sich überigens in den vergangenen Jahrzehnten die ‚klientenorientierte Psychologie‘ nach Rogers entwickelt, die so manche Psychologen arbeitslos machen wird (Ja, auch ich trete hier auf deren Füße. Bei wem drückt es denn schon?). Eine Entwicklung dessen ist das ‚Focusing‘, bei dem sich der Klient möglichst schnell selbst hilft. Wie? Indem er sich selbst und seine Gefühle erkennt und MIT ihnen arbeitet, statt gegen sie. Hier kommt die Persönlichkeitsentwicklung zur Psychologie. Traumhochzeit. Schönen Freitag zusammen.