Neulich habe ich mit einem Freund gesprochen, in dem dieses alte und bedeutungsvolle Wort gefallen ist und ich dachte sofort: Das trifft es! Nun, was bedeutet Zivilcourage und warum ist nicht nur in diesen Zeiten, sondern generell wichtig um eine funktionierende Demokratie, echte Führung und Weiterentwicklung aufrecht zu erhalten?
Im Wörterbuch wird Zivilcourage folgendermaßen beschrieben: Mut, den jemand beweist, indem er humane und demokratische Werte (z. B. Menschenwürde, Gerechtigkeit) ohne Rücksicht auf eventuelle Folgen in der Öffentlichkeit, gegenüber Obrigkeiten, Vorgesetzten o. Ä. vertritt.
Folgende „ähnliche Wörter“ werden hier angeführt: Mut, Beherztheit, Entschlossenheit, Charakter, Furchtlosigkeit, Haltung, Rückgrat, Standhaftigkeit, Entschlossenheit, Mannhaftigkeit, Courage …
Das sind sicher alles Attribute, die wir uns selbst wünschen – richtig?!
Weiter heißt es dort auf die Erklärung, warum sie so wichtig ist: Zivilcourage heißt: Nicht wegsehen, sondern gegen Unrecht und Gewalt einschreiten. Dazu braucht man Mut, aber der lohnt sich: Wer Zivilcourage übt, trägt etwas dazu bei, Unrecht einzudämmen und im Notfall Hilfe zu holen.
Und hier ergeben sich schon erste, individuelle Standpunkte:
- Wann hört Zivilcourage auf und fängt Gesetzesbruch an?
- Was ist „Unrecht“ und was nicht?
- Wann gibt es einen Notfall?
- Etc.
Diese Grenzen sind sicher individuell. Während es in den verschiedenen Gesetzen klar definiert ist, was ein Vergehen, Verbrechen etc. ist und was nicht, ist es bei moralischen Verpflichtungen nicht so deutlich. Es gibt Grauzonen … . Ich möchte hier gar nicht mal auf unser Rechtssystem eingehen. Für mich (und ich musste mich ja aufgrund meines Berufes damit zwangsläufig mehrere Jahre intensiv beschäftigen) war immer das Grundgesetz die Basis, auf die alles aufbaut. Daraus ergeben sich dann das Strafrecht, Zivilrecht, gesetzliche Verordnungen usw. . Dies scheint in diesen Tagen außer Kraft gesetzt zu sein und Verordnungen im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes brechen ganz deutlich bestimmte Grundrechte: Das Recht auf körperliche Unversehrtheit, Versammlungsrecht uvm. .
„Eigentlich“ sollte durch die in der BRD herrschende „Gewaltenteilung“ eine gute Grundlage gegeben sein, einzelne Instanzen nicht zu selbstherrlich agieren zu lassen. Diese Gewaltenteilung gehört zu den Prinzipien unserer Demokratie und ist im Grundgesetz verankert. Die staatliche Gewalt ist in mehrere Gewalten aufgeteilt: Die legislative (gesetzgebende), die exekutive (vollziehende) und die judikative (Recht sprechende) Gewalt sollen sich gegenseitig kontrollieren und staatliche Macht begrenzen.
Ob das aber genau so durchgesetzt werden kann, stellt sich gerade in diesen Zeiten die Frage. Das oberste Bundesverfassungsgericht wird zum Beispiel so zusammengesetzt: Es besteht aus sechzehn Richterinnen und Richtern. Die eine Hälfte wählt der Bundestag, die andere der Bundesrat, jeweils mit Zweidrittelmehrheit.
Das Bundesverfassungsgericht ist die Kontrollinstanz für die Verfassungsmäßigkeit des politischen Lebens. Es interpretiert die Regelungen des Grundgesetzes und passt die Interpretation immer wieder dem gesellschaftlichen Wandel an. Das Grundgesetz ist die oberste Richtschnur allen staatlichen Handelns. Eine eigene Institution, das Bundesverfassungsgericht, wacht darüber, dass Parlament, Regierung und Rechtsprechung die Verfassung einhalten. Als Hüter der Verfassung kann es jeden Akt der gesetzgebenden Gewalt, der Regierung und Verwaltung und jede Entscheidung der Gerichte auf ihre Verfassungsmäßigkeit prüfen. Dabei schützt es besonders die Grundrechte der Bürger. (Zitat: Bundeszentrale für politische Bildung)
Eine Frage „zwischendurch“: Würden Sie nun als Regierungspartei eher einen „regierungs- und kursnahen“ Richter ernennen oder eher einen kritischen Denker?
Aber ich möchte mich hier nicht in rechtlichen Abhandlungen ergehen, sondern insbesondere einen Satz herausstreichen: „… wacht darüber, dass Parlament, Regierung und Rechtsprechung die Verfassung einhalten.„
Das Bundesverfassungsgericht ist also dazu VERPFLICHTET, die Regierung/ das Parlament zu überprüfen, ob es die Verfassung einhält. Das ist oftmals ein langwieriger, mit ordnungsgemäßen Anträgen, verschiedensten Richtlinien und zeitaufwendiger Prozeß. Manchmal geht es uns auch zu langsam und wir müssen/ sollten uns fragen, welche Mittel geeignet sind, bestimmte Prozesse aufzuhalten, bevor sie z.B. im Parlament beschlossen worden sind und ein jahrelanger Prozess die Folge sein muss.
Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht – das hat schon Berthold Brecht gesagt. Aber es gibt hierfür auch eine gesetzliche Grundlage: Das in Artikel 20 Abs. 4 GG gewährte Recht zum Widerstand ist Bestandteil der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und gilt als grundrechtsgleiches Recht. Dieses Recht – 1968 im Zuge der Notstands Gesetzgebung eingefügt – lautet in seinem Verfassungstext:
„Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“
Das ist nun die rechtliche Situation … aber wiegt nicht der moralische Ansatz mindestens genauso?
Und genau hier ist eben Zivilcourage gefordert. Hier braucht es Menschen, die sagen „STOPP – so nicht“. In diesem Zusammenhang meine persönliche Meinung: Eine freiheitliche Presse sollte den Menschen, die eben nicht nur nach dem Grundrecht handeln, sondern auf eventuelle Missstände/ Ungerechtigkeiten hinweisen nicht nur nicht diffamieren, sondern ihnen Raum und Platz geben, sich zu äußern! Und GERADE die staatlichen Medien, die von der Allgemeinheit (meint dem Volk) finanziert werden, sollten dafür Rechnung tragen. Neben einem Grundversorgungsauftrag und einem gesetzlich definierten Programmauftrag ist eine der weiteren wesentlichen Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks daher die Wahrung der politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit.
Aber auch hier stellt sich wieder die Frage: Wer setzt die obersten Verantwortlichen für diese Positionen bei ARD, ZDF und allen landesweiten Sendeanstalten ein? Und wer kontrolliert die Intendanten, die dazu verpflichtet sind bestimmte journalistische und ethische Prinzipien einzuhalten?
Und gerade in diesen Zeiten, in denen wir das Gefühl haben, dass Interessensverbände, ganze Industriezweige, Lobbyverbände oder lobbygesteuerte Gremien uns manilupieren und in eine Richtung drängen wollen, die ausschließlich dem Gewinnstreben, der Rechtfertigung von übergriffigen Maßnahmen oder einseitiger Einflussnahme dienen, braucht es Menschen, die Zivilcourage haben, auf die Straße gehen, entgegen möglichen negativen Folgen ihrem Gewissen folgen, OHNE DEN ANSPRUCH darauf zu haben, IM RECHT ZU SEIN!
WICHTIG: Es geht in diesem Zusammenhang nicht darum „Recht zu haben oder nicht“. Es geht darum seinem gesetzlich zugesicherten Anspruch zu verfolgen, Widerstand zu leisten, wie er im Grundgesetz erlaubt ist! Wir müssen weder mit denjenigen, die ihren Widerstand äußern einer Meinung sein, noch ihre Gründe verstehen! SIE HABEN EIN RECHT DARAUF! Alles andere ist persönliches Befinden …
Ob ich der Meinung bin, dass Kurden in Deutschland das Recht haben sollen zu protestieren und politische Verhältnisse im eigenen Land anprangern oder nicht; … ob Frauen für die Abtreibung sind oder nicht; … ob ich für die Einschränkung von Dieselfahrverbotszonen bin oder nicht; … ob Menschen gegen oder für die Impfpflicht sind oder nicht; … ob Menschen für der Meinung sind, das sie selbst für ihre Gesundheit verantwortlich sind oder nicht … alles das ist UNWICHTIG!
Deswegen gibt es das Recht der unterschiedlichsten Gruppierungen (wenn sie nicht gegen unser Grundgesetz verstoßen) für etwas zu demonstrieren, ihre Meinung zu äußern und sich für etwas einzusetzen oder Übergriffe anprangern! JEDER hat das Recht (und ich war froh in einem solchen rechtsstaat zu leben) mögliches Unrecht anzuprangern, Kritik zu äußern und Mißstände aufzudecken!
Natürlich haben wir zu den meisten Punkten eine Meinung, die auch sicher ihre Berechtigung hat. DAS SPIELT ABER GERADE IN DER BERICHTERSTATTUNG KEINE ROLLE – es sei denn es ist ein „Kommentar“. Ansonsten erwarte ich KEINE PERSÖNLICHE WERTUNG, keine rhetorischen/ dialektischen Fallen in Fragestellungen, sondern OBJEKTIVITÄT!
Menschen mit Zivilcourage als „Spinner/ Realitätsfern/ Verschwörungstheoretiker …“ zu bezeichnen/ denunzieren zeigt nur eines: Der-/ Diejenige hat unser Grundrecht nicht verstanden und will gezielt im eigenen Sinne manipulieren! Ich wünsche mir sicher nicht, dass genau diejenigen, die sich gerade in dieser Zeit damit beschäftigen Andersdenkende zu beleidigen/ anzugreifen oder probieren mundtot zu machen einmal in eine Situation kommen, in der es gefragt ist, deren Interesse zu vertreten.
Überall braucht es Zivilcourage und ich wünsche mir mehr davon! Das fängt auch damit an, dass WIR SELBST nicht pöbeln, verunglimpfen oder spotten. Egal ob in persönlichen Gesprächen oder sozialen Medien … Ich selbst habe mir z.B. die Freiheit genommen alle Diejenigen, die in meinen Posts andere beschimpfen, beleidigen oder persönlich angehen einfach zu löschen/ blockieren. JEDER kann seine Meinung sagen – aber eben sachlich und ohne persönliche Angriffe.
Hier einmal ein guter Ansatz aus einem Artikel der das „Harvard Konzept“ beschreibt und wie man mit solchen unterschiedlichen Interessen umgehen kann:
„Meistens gibt es zwei typische Haltungen, die zu Schwierigkeiten führen:
Die Haltung „Hart in der Sache – hart zu den Menschen“ bedeutet, ich bleibe bei meiner Position und interessiere mich wenig für das Anliegen und die Beziehung zu meinem Gegenüber. Meistens führt dies wenn überhaupt nur kurzfristig zum Erfolg, da der Gegenüber sich als Verlierer fühlt und deshalb nicht mehr verhandeln möchte, beziehungsweise zum „Gegenschlag“ ausholt und mich zum Verlieren bringen möchte.
Die Haltung „Weich in der Sache – weich zu den Menschen“ bedeutet, ich bin in der Sache zu nachgiebig, da ich fürchte, die Beziehung könnte Schaden nehmen. Auch dies ist keine Erfolgsstrategie, denn ich biete kein klares Profil für den Gegenüber und verhandele ein zu geringes Ergebnis für mich selbst.
Was ist das Win- Win Prinzip?
Das Win-Win-Prinzip ist die Haltung, die sich aus den beiden oben genannten ableitet: Hart, beziehungsweise klar in der Sache, aber weich zu den Menschen. Beim Win-Win-Prinzip legen beide Partner Wert darauf, das Interesse des jeweils anderen zu hören, wertzuschätzen und in das Ergebnis einzubeziehen, sodass beide mit der Lösung zufrieden sind.“
Ich habe in jedem Fall großen Respekt vor Menschen mit Zivilcourage – Menschen, die über Eigeninteressen hinaussehen und sich für demokratische Werte, Menschenwürde und Gerechtigkeit einsetzen! Lasst uns diese Menschen unterstützen – denn auch wir könnten einmal Unterstützung von Mutigen brauchen. Beispiele in unserer Geschichte gibt es genug – und welche Ehrungen ihnen im Nachhinein zuteilwird, zeigt wie wichtig diese Menschen sind. Hier nur ein bedeutungsschweres Beispiel: Die Geschwister Scholl
In diesem Sinne wünsche ich allen einen klaren Verstand, Gesundheit und Mut zur eigenen Meinung zu stehen, sie auch durch stichhaltige Argumente anzupassen und sich nicht einschüchtern zu lassen …
Ihr/ Euer
Dirk (Jakob)